Aktuelles
In dieser Rubrik wird über aktuelle Entwicklungen der Rechtsprechung im Bereich des Umwelt- und Planungsrechts berichtet, die von allgemeinem Interesse sein können.
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28.07.2022
Viertes Gesetz zur Änderung des Bundesnaturschutzgesetzes – Fortschritte für Windenergie und Artenschutz?
Am 7. Juli 2022 beschloss der Bundestag ein umfangreiches Gesetzespaket für den beschleunigten Ausbau der Erneuerbaren Energien, das am Folgetag vom Bundesrat gebilligt wurde. Davon umfasst ist das Vierte Gesetz zur Änderung des Bundesnaturschutzgesetzes, das am 29. Juli 2022 im Bundesgesetzblatt bekannt gemacht wurde (BGBl. 2022, I, S. 1362).
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11.05.2022
Haselmaus ./. Windpark Reinhardswald
Der von technischen Anlagen bislang unberührte Naturpark Reinhardswald im Norden Hessens bietet zahlreichen Tier- und Pflanzenarten einen geeigneten Lebensraum, soll künftig aber auch achtzehn Windenergieanlagen (WEA) in sich aufnehmen. Durch den Bau dieser Anlagen können Haselmäuse zu Tode kommen, die an den Anlagenstandorten nachgewiesen wurden. Die Haselmaus gehört zu den Tierarten des Anhangs IV der FFH-Richtlinie und ist hierzulande streng geschützt (§ 7 Abs. 2 Nr. 14 BNatSchG). Den gerade daumengroßen Vertreter der europäischen Bilche nahm der Hessische Verwaltungsgerichtshof nun zum Anlass, die Fortsetzung der Bauarbeiten zur Realisierung des Windparks im Reinhardswald durch seinen „Hängebeschluss“ vom 11. Mai 2022 (Az.: 9 B 234/22.T) erst einmal zu stoppen.
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10.04.2022
Beschleunigung des naturverträglichen Ausbaus der Windenergie an Land
Am 04.04.2022 haben die Bundesumweltministerin Steffi Lemke und der Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck die Ergebnisse ihrer Einigung im Hinblick auf den naturverträglichen Ausbaus der Windenergie an Land vorgestellt. Das von ihnen präsentierte Eckpunktepapier beschränkt sich im Wesentlichen auf eine Beschreibung der Maßnahmen, die zur Bewältigung der Konfliktlage zwischen der Nutzung der Windkraft und dem Artenschutz für erforderlich erachtet werden. Nun wird „nichts so heiß gegessen, wie es gekocht wird“, indessen nährt schon eine erste grobe Sichtung des Eckpunktepapiers die Befürchtung, dass dem Interesse an der Bewahrung des europäischen Naturerbes in den Einigungsgesprächen zwischen Bundesumwelt- und Bundeswirtschaftsministerium eine allenfalls untergeordnete Bedeutung beigemessen wurde. Die nähere Betrachtung erhärtet diesen Befund. Während sich in Europa ein Vogelschwund historischen Ausmaßes vollzieht (Thomas Krumenaker, Europa verliert seine Vögel, Süddeutsche Zeitung vom 23.11.2021) und dem Artensterben auch hierzulande noch immer kein Einhalt geboten wurde, haben sich die beiden Ministerien im Interesse einer Beschleunigung des Ausbaus der Windenergie an Land auf einen verfassungsrechtlich fragwürdigen und mit dem Unionsrecht unvereinbaren Abbau der Schutzstandards des besonderen Artenschutzrechts verständigt. Die zu dieser Kritik veranlassenden Gründe werden in einer rechtswissenschaftlichen Stellungnahme dargelegt, die hier heruntergeladen werden kann. Eine ausführliche Bewertung des Eckpunktepapiers aus der Sicht der ökologischen Fachwissenschaften (Dr. Matthias Schreiber) steht hier zum Download bereit.
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28.10.2021
EuGH: Schutz der Fortpflanzungsstätten des Feldhamsters
Art. 12 Abs. 1 der Richtlinie 92/43/EWG (FFH-Richtlinie – FFH-RL) verpflichtet die Mitgliedstaaten dazu, ein strenges Schutzsystem für die in Anhang IV der Richtlinie aufgeführten Tierarten einzuführen, das u.a. jede Beschädigung und Vernichtung ihrer Fortpflanzungs- und Ruhestätten verbietet. Zu den Tierarten, die es um der Bewahrung des europäischen Naturerbes willen streng zu schützen gilt, gehört auch der Feldhamster (Cricetus cricetus), der sich ausweislich des FFH-Berichts 2019 hierzulande in einem schlechten Erhaltungszustand befindet und in der Roten Liste der Säugetiere Deutschlands (2020) als vom Aussterben bedroht eingestuft wird. Neben der Entwertung seiner Lebensräume durch moderne landwirtschaftliche Methoden leidet der Feldhamster besonders darunter, dass seine Habitate noch immer für Städtebauvorhaben sowie für Investitions- und Infrastrukturprojekte in Anspruch genommen werden. Angesichts dessen drängt sich die Frage nach Gegenstand und Reichweite des durch Art. 12 Abs. 1 Buchst. d FFH-RL verbürgten Schutzes der Fortpflanzungsstätten auf, die der Gerichtshof der Europäischen Union in seinem Urteil vom 28.10.2021 (C-357/20, Hamster II, ECLI:EU:C:2021:881 Rn. 19 ff.) einer weiteren Klärung zugeführt hat.
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24.09.2021
OVG Lüneburg: Mäusebussard als windkraftempfindliche Greifvogelart
Obwohl der in Deutschland streng geschützte Mäusebussard (§ 7 Abs. 2 Nr. 14 Buchst. a BNatSchG) unter der Windkraftnutzung besonders leidet, wird diese Greifvogelart in einschlägigen Erlassen und Leitfäden der Länder zumeist nicht als windkraftempfindlich eingestuft. Nicht zuletzt der mangelnden Erwähnung des Mäusebussards in dem vom niedersächsischen Windenergieerlass (WEE 2016) umfassten Leitfaden wegen blieb dem Eilantrag einer anerkannten Umweltvereinigung der Erfolg in einem Fall versagt, in dem sich der Horst eines Mäusebussards im Abstand von nur 150 m zu dem Standort einer Windenergieanlage befand (VG Lüneburg, Beschl. v. 09.03.2021, 2 B 76/20, juris Rn. 100). Der Beschwerde der Umweltvereinigung gab das OVG Lüneburg mit seinem Beschluss vom 24.09.2021 (12 ME 45/21, juris) teilweise statt und ließ keinen Zweifel daran, dass die Verwaltungsgerichte es in Ansehung des Mäusebussards mit schlichten Hinweisen auf die Selbstbindung an den Leitfaden nicht belassen dürfen.
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04.03.2021
EuGH: Weckruf im Artenschutzrecht – das Verfahren „Schütze den Wald“
In seinem auf Vorlage eines schwedischen Gerichts ergangenen Urteil vom 04.03.2021 (Rs. C-473/19 u. 474/19, Föreningen Skydda Skogen) beantwortet der Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) verschiedene Fragen zur Auslegung der richtliniengestützten Verbote des Art. 5 der Richtlinie 2009/147/EG (Vogelschutz-Richtlinie – V-RL) und des Art. 12 Abs. 1 der Richtlinie 92/43/EWG (FFH-Richtlinie – FFH-RL) in einer Weise, die in den Bereichen der land- und forstwirtschaftlichen Bodennutzung und bei der Zulassung von Eingriffsvorhaben zum Umdenken veranlassen müssen.
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